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Essbare Stadt

Biologische Vielfalt erleben in der Essbaren Stadt

Jeder kennt den „Hokkaido“-Kürbis vom Wochenmarkt oder aus dem Supermarkt. Aber wer hat schon mal die „Blaue Banane“ oder den „Alten Hamburger Riese“ probiert? Oder wer weiß schon, dass es allein vom Riesenkürbis über 30 leckere Sorten gibt? Und das ist nur ein kleiner Teil von insgesamt an die 1.000 weiteren leckeren Kürbissorten …

Auf diesen Reichtum der biologischen Vielfalt möchte die Stadt Norderstedt aufmerksam machen – mit der Idee Essbare Stadt. In diesem Jahr stehen die unterschiedlichsten Sorten der Art Riesenkürbis im Blickpunkt. Auf der Grünfläche bei den Stadtwerken im Moorbekpark wachsen 30 verschiedene Kürbis-Sorten in grünen Big-Bags. Die gilt es zu entdecken – und im Herbst zu ernten und zu probieren!

Riesenkürbis - Riesenvielfalt

Der Kürbis ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Erde und ernährt die Menschen schon seit Jahrtausenden. Zur Familie der Kürbisgewächse (botanisch: Cucurbitaceae) gehören zahlreiche Arten. Dazu zählen auch viele bekannte Pflanzen, von denen die wenigsten wissen, dass sie ein Kürbisgewächs sind – etwa Melone, Gurke und Zucchini. In Europa sind drei bedeutende Kürbis-Arten verbreitet: neben dem Riesenkürbis zählen auch Gartenkürbis und Moschuskürbis dazu.

Gattung

Art

Deutscher   Name

Relativ weit verbreitete Sortenbeispiele

Cucurbita

maxima

Riesenkürbis

Hokkaido, Bischofsmütze

Cucurbita

pepo

Gartenkürbis

Spaghetti-Kürbis, Zucchini

Cucurbita

moschata

Moschuskürbis

Butternut

Riesen-Vielfalt

Riesenkürbisse liefern die größten und schwersten Früchte im gesamten Pflanzenreich. Im Extremfall wiegen sie auch mal so viel wie ein kleines Auto! Dabei ist ihre Bezeichnung „Riesenkürbis“ mitunter etwas irreführend, denn einige Sorten können durchaus klein sein. Außerdem unterscheiden sich die verschiedenen Sorten hinsichtlich Form, Größe, Farbe, Geschmack und Verwendungsmöglichkeit. Gegessen wird dabei immer die Frucht der Pflanze.

Erkennungsmerkmal

Woran lassen Riesenkürbisse erkennen, wenn es nicht die Größe ist? Sie unterscheiden sich von den anderen beiden bei uns verbreiteten Kürbisarten durch ihren dicken, schwammartigen Fruchtstiel, der vertrocknet, wenn der Kürbis reif ist.

Ernte

Zwischen August und Oktober werden Riesenkürbisse reif. Zu erkennen ist das daran, dass der Stiel dann vertrocknet und verholzt. Die Reife eines Kürbisses lässt sich auch mit der Klopfprobe ermitteln. Wenn man mit dem Finger leicht auf die Schale klopft, sollte ein hohles Geräusch ertönen. Das hilft, um sie nicht zu früh zu ernten. Zu langes Warten ist auch nicht gut: Kürbisse müssen spätestens vor den ersten Nachtfrösten geerntet werden.

Bei der Ernte sollte ein möglichst langer Stiel (ca. 10 cm) an der Frucht belassen werden. Er trocknet von oben her langsam ein. So ist der Kürbis länger lagerfähig. Gut ausgereift können Riesenkürbisse bis in den Winter hinein an einem kühlen und trockenen Ort gelagert werden, weshalb sie auch als „Winterkürbis“ bezeichnet werden.

Die reifen Früchte sind schmackhaft und können sehr vielseitig verwendet werden, sei es in Suppen, Aufläufen, Kuchen, Marmeladen oder gebraten. Bis auf die Sorten „Bischofsmütze“, „Green Hokkaido“ und „Zappho“ müssen alle hier wachsenden Riesenkürbisse vor dem Verzehr geschält werden.

Bedeutung der Nutzpflanzenvielfalt

Den wenigsten ist die Sortenvielfalt von Kürbis und anderen Nutzpflanzen bekannt, denn im Supermarkt findet man sie nicht. In der heutigen Landwirtschaft und auf dem Saatgutmarkt wird auf Hochleistung statt auf Vielfalt gesetzt. Lebensmittel sollen für den globalen Handel transportfähig sein, möglichst einheitlich in Form und Größe. Dadurch ist die genetische Vielfalt unserer Nutzpflanzen bedroht: Laut FAO, der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen, sind im letzten Jahrhundert weltweit 75 % der Nutzpflanzenvielfalt verloren gegangen.

Warum brauchen wir die Vielfalt?

…      weil sie unser Überleben sichert

Alle Nutzpflanzen wurden aus alten Sorten entwickelt. Deren genetische Vielfalt ist eine wichtige Voraussetzung dafür, auch heute noch neue Nutzpflanzen entwickeln zu können. Veränderte Lebensbedingungen – etwa aufgrund des Klimawandels – werden schnelle Anpassungen erfordern. Der Erhalt alter Sorten sichert die Vielfalt der Nutzpflanzen, welche Grundlage unserer Ernährung ist.

…      weil sie die dem Klimaschutz dient

Die genetische Vielfalt ermöglicht es Lebewesen, sich an Umweltveränderungen anpassen zu können (Evolution). Und davon gibt es viele, nicht nur den Klimawandel. Solange sich Arten und Ökosysteme anpassen können, erfüllen sie wichtige Funktionen, die auch uns zugutekommen. Intakte Ökosysteme mit ihrer Vielfalt an Arten und Genen sorgen beispielsweise durch die Aufnahme und Speicherung von Kohlenstoff dafür, dass die Klimaveränderungen langsamer ablaufen. Das verschafft uns Zeit zum Handeln.

…      weil sie uns bereichert

Alte, heute oft seltene Gemüsesorten bieten eine große Geschmacksvielfalt. Im Vergleich zu modernen Zuchtsorten verfügen sie oft über viel intensivere Aromen. Und unterscheiden sich voneinander in Aussehen und Geschmack. Je vielfältiger unsere Nahrung ist, desto geringer ist die Gefahr von Mangelkrankheiten oder Allergien.

…      weil sie ein Teil der Kulturgeschichte ist

Das Wissen über die Vermehrung von Nutzpflanzen wurde über Hunderte, mitunter sogar Tausende Jahre hinweg mühsam erworben und weitergegeben – das ist ein wichtiger Bestandteil unserer Kulturgeschichte und ein Teil unseres Reichtums, der davon bedroht ist, verloren zu gehen.

Erhaltung durch Nutzung: Vielfalt bewahren

Die Sortenvielfalt bei den Nutzpflanzen ist über sehr lange Zeiträume aufgrund von unterschiedlichen Standortbedingungen, Auswahl, Züchtung und eine kontinuierliche Nutzung entstanden. Damit sind vielfältige Anpassungen an unterschiedliche ökologische Rahmenbedingungen verbunden. Über Jahr­tausende hat die Vielfalt zugenommen, seit 1900 ist laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen 75% davon wieder verloren gegangen!

Um diesen Verlust zu stoppen, sind Anbau und Nutzung der gesamten Sortenvielfalt von Kulturpflanzen sehr wichtig. So bleibt sie durch natürliche Vermehrung erhalten, der Anpassungsprozess kann auf die die heutigen Bedingungen ausgerichtet werden und die alten Schätze geraten nicht in Vergessenheit. Dafür ist es wichtig, dass die Pflanzensorten samenfest sind, also eigenes vermehrungsfähiges Saatgut hervorbringen (also „Mehrweg-Saatgut“ bilden). Das ist eigentlich normal, aber bei den kommerziell vertriebenen Hybridsorten wird genau diese Fähigkeit herausgezüchtet, damit das Saatgut immer wieder neu gekauft werden muss („Einweg-Saatgut“).

Samenfeste Sorten bilden in der nachfolgenden Generation wieder ähnliche Merkmale aus wie sie in den Pflanzen der Eltern-Generation vorhanden sind. Kleine Abweichungen treten immer wieder einmal auf und bieten die Chance, dass sich über Generationen hinweg regionale Anpassungen an die Böden und das Klima ausbilden. Das macht die Pflanzen weniger anfällig für die typischen Schädlinge, Pflanzenkrankheiten und Frost-, Hitze- oder Trockenperioden.

Was kann ich für die Vielfalt tun?

  • Durch den Anbau von alten, regionalen Sorten wird dafür gesorgt, dass sie nicht in Vergessenheit geraten. Sie können diese Sorten kennenlernen und sich an mehr Abwechslung erfreuen.
  • Nutzen Sie samenfestes Saatgut von alten, regionalen Sorten. Idealerweise zirkuliert das Saatgut in der Region. Eine gute Anlaufstelle hierfür ist der Verein zu Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt (https://nutzpflanzenvielfalt.de)  
  • Die Pflanzen bilden Samen aus. Diese lassen sich ernten, wieder aussäen, weitergeben, tauschen – wodurch Erhalt und Verbreitung der alten Sorten gesichert werden kann. Das geht auch, wenn nur ein Balkon mit Blumentöpfen zur Verfügung steht.

ACHTUNG: Bei der Saatgutvermehrung von Kürbisgewächsen ist eine gewisse Vorsicht geboten, denn Kürbisse sind „Crossies“! Die verschiedenen Kürbissorten können sich miteinander kreuzen, wenn sie zu nahe nebeneinander wachsen. Der Grund dafür: Sie werden durch Insekten bestäubt und die können die Pollen über mehrere Hundert Meter bis zur nächsten Sorte tragen. Dann vermischt sich das Erbgut von zwei Sorten in der nächsten Generation. Dabei werden bei Kürbissen giftige Bitterstoffe gebildet, die für Menschen in größeren Mengen gefährlich werden können. Die Bitterstoffe heißen Cucurbitacine und kommen in den Urformen unserer Kürbisse und Zucchini ganz natürlich vor. Auf eine hohe Konzentration dieser Bitterstoffe reagiert der menschliche Körper mit Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Am besten probiert man daher immer erst ein kleines Stück und isst die Frucht nicht weiter, wenn sie bitter schmeckt.

Ziel ist es deshalb, bei der Saatgut-Vermehrung auf eine Sortenreinheit zu achten. Dafür empfehlen wir folgendes:

  1. Am einfachsten ist es, Sie pflanzen nur eine Sorte von einer Kürbis-Art an. Und für die Vermehrung von Saatgut achten Sie bitte darauf, dass in einem Umkreis von 250 m keine andere Sorte der gleichen Art wächst.
  2. Als Alternative können Sie die Pflanze auch selbst bestäuben und damit die Aufgabe der Insekten übernehmen: Schützen Sie je eine weibliche Blüte (erkennbar am Fruchtknoten = Mini-Kürbis, der am Stiel sitzt) und eine männliche Blüte (viel mehr und höher wachsend, ohne Verdickung am Stiel) vor der Bestäubung, indem Sie diese vor dem Öffnen mit einem Malerkreppband oder einer Wäscheklammer verschließen oder Sie mit einem kleinen, engmaschigen Insektenschutznetz umhüllen. Auf diese Art gelangt kein Insekt zum Bestäuben an die Narbe. Ist die Blüte voll entwickelt, gehen Sie mit einem sauberen Pinsel in eine männliche Blüte, öffnen die weibliche Blüte und übertragen den Pollen von Hand. Anschließend verschließen Sie die weibliche Blüte wieder und markieren sie: Aus genau dieser Blüte und dem daraus wachsenden Kürbis können Sie die Samen zur Vermehrung und Weitergabe nutzen.

Rezepte

Die große Vielfalt des Riesenkürbisses zeigt sich nicht nur in Form, Farbe und Größe. Auch geschmacklich haben die unterschiedlichen Kürbissorten einiges zu bieten. Mit den folgenden Rezepten bringen Sie kulinarische Vielfalt auf den Tisch. Es muss nicht immer Kürbis-Suppe sein. Wie wäre es mit einer leckeren Kürbismarmelade aus dem Gelben Zentner? Oder mit dem Grünen Hokkaido, der zu Kürbisplätzchen wird? Oder zur Abwechslung Kürbisgnocchi – z.B. aus der Sorte Marina di Chioggia?

Lassen Sie sich von unserer Rezeptauswahl inspirieren und schicken Sie uns Ihre Lieblings-Kürbis-Rezept entweder per Post oder an umwelt@norderstedt.de. Die kreativsten veröffentlichen wir hier.