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Tauben im Stadtgebiet

Die so genannte Stadttaube ist in ihrem Bestand nicht gefährdet. Durch regelmäßige und übermäßige Fütterung verlernen die Tiere eher die natürliche Nahrungssuche und werden von den Menschen abhängig. Gleichzeitig wird die Überpopulation begünstigt.

Tauben können Krankheitserreger und Parasiten verbreiten. Diese Gefahr sollte nicht überbewertet werden, aber auch nicht unberücksichtigt bleiben. Gerade dort, wo viele Tauben vorkommen, steigt das Gesundheitsrisiko. Tatsächlich ist das Krankheitsrisiko aber nicht höher als durch andere Vögel auch. Die Übertragungsmöglichkeiten bei der in der freien Natur lebenden Tauben ist sehr gering.

Stadttauben sind heute in jeder größeren Stadt heimisch und gehören zum gewohnten Bild unserer Innenstädte. Von den früher in den Gehöften lebenden Dorftauben, auch Feldflüchter oder Ratzen genannt, unterscheiden sie sich darin, dass sie keinen Besitzer oder Eigentümer haben. Über die Herkunft und Lebensweise der Stadttauben ist im Detail kaum etwas bekannt. Gelegentlich existieren über auffällige Einzeltrauben, entflohene Rassetauben und Brieftauben sowie gekennzeichnete Tiere, Geschichten, Daten, Berichte oder sonstige Aufzeichnungen. Spricht man bei uns von Stadttauben, so ist die Rede meist nur von Problemen und Schäden, die sie verursachen. Vor 1930 waren die Stadttauben „kein“ Problem, da sie aufgrund des geringen Nahrungsangebotes – mit Lebensmitteln musste sparsam umgegangen werden – meist nur in geringer Zahl in den Städten vorhanden waren. Die Tauben mussten Nahrung für sich und ihre Brut durch „Feldern“ beschaffen. Natürliche Abgänge durch Beutegreifer wie Habichte, Sperber und Wanderfalke, die die „feldernden Tauben“ dezimierten und Steinmarder und Ratte, denen die Brut zum Opfer fiel, selektierten die Bestände und hielten sie dadurch gesund. Das geringe Nahrungsangebot hielt die Schwärme in Grenzen. Heute ist es die Wohlstandsgesellschaft, die im Überfluss lebt und durch weggeworfene Nahrungsmittel und übertriebene Fütterung die Hauptnahrungsgrundlage in der Stadt bildet. Als Folge davon haben die Tauben ihre Nahrungsgründe von den Feldern in die Stadt verlagert. Von Nahrungsmangel und Kältestress im Winter sind sie weitgehend befreit. Da die Tauben in der Folge sehr dicht auf sehr engem Raum leben müssen, stehen sie unter Dauerstress. Es entstehen Überbevölkerungsbedingungen ähnlich wie in menschlichen Slums. Die taubenfreundlich gemeinte großzügige Fütterung führt zu einer unkontrollierten Vermehrung, die sich für Tauben und Menschen negativ auswirkt. Erst durch diese durch den Menschen verursachte oder begünstigte Entwicklung wurde die Taube zum Problemtier.

Als gesellig brütende Vögel suchen die Tauben geschützte Nist- und Schlafplätze auf, da sie gegen Zug, Kälte und Feuchtigkeit empfindlich sind. Sofern also geschützte Brutstätten und milde Winter dies ermöglichen, können Stadttauben – mit Hilfe des dauernden Nahrungsangebotes durch so genannte Taubenfreunde – während des ganzen Jahres brüten und Nachkommen aufziehen. Als ursprüngliche Fels- und Höhlenbrüter bevorzugen Stadttauben ältere, reich strukturierte Gebäude, Speicher, windgeschützte und trockene Plätze, halbdunkle Plätze, halbdunkle Innenräume, Tragkonstruktionen von Brücken, Simse und Dachvorsprünge. Bei Brutplatzmangel können sie sogar auf Dachrinnen, Fensterbänken, ja sogar auf Neonbeleuchtungen, brüten. Ein zum Brüten ungeeigneter, abschüssiger Untergrund, von dem die Eier herunterrollen würden, wird von den Tauben durch Bekoten randständig überhöht, so dass ein „Brutteller“ entsteht, in dem die Eier von Abrollen und Bruch geschützt sind.

Für eine stark anwachsende Stadttaubenpopulation sind oftmals nicht genügend artgerechte Brutplätze vorhanden und die wenigen Brutplätze sind hart umkämpft. Die daraus resultierende Überbesetzung verknüpft mit innerartlicher Konkurrenz führt zu Stress und begünstigt das Auftreten von Krankheiten und Parasiten. So werden junge Tauben teilweise unter sehr ungünstigen Bedingungen aufgezogen, was zu einer hohen Sterblichkeit der Nestlinge führt. Ca. 90 % der Jungtauben, die in Innerstädten aufwachsen, sterben im Verlauf ihres ersten Lebensjahres. In Randbezirken aufgezogene Tauben dagegen überleben zu 60% das erste Lebensjahr.

Probleme mit Stadttauben

Tauben gurren bei der Balz laut und gerne. Obwohl am frühen Morgen sicherlich nicht die lauteste Lärmemission fühlen sich empfindliche Menschen gestört. Bereits geringe Störungen, wie das Überfliegen des Grundstücks durch Tauben oder Gurren am Morgen, empfinden manche als unzumutbar. In Städten, mit ihrem für Tauben auch umfangreicheren Nahrungsangebot, zeigen die Ruheplätze und Brutstätten oft eine starke Bekotung, welche auch vom Regen nicht mehr weggespült wird. Wenn Tauben konzentriert in Stadtzentren fressen, nisten und ruhen, kann es zu einer Verschmutzung und Beschädigung von Gebäuden, Gehsteigen und Hausfassaden oder Verstopfung der Dachrinnen durch Taubenkot und Federn kommen. Der Kot der Tauben enthält Harnsäure, die durch ihre stark ätzende Wirkung Steine zerfrisst und Metalle rosten lässt. Abwehrmaßnahmen und Renovierungen sind aufwändig und teuer. Erzwungene Fütterungsverbote scheitern meist wegen der Problemverlagerung in nahe liegende Straßen und Stadtteile. Ein absolutes Fütterungsverbot wird von der Mehrheit der Bevölkerung aus Tierschutzgründen abgelehnt, weil Stadttauben in ihrer Nahrungsaufnahme fast völlig vom Menschen abhängig sind. Erhalten sie im Winter kein Futter, so wird vermutet, dass viele Tauben eine qualvollen Hungertod erleiden müssen. Viele Menschen können diese Maßnahme nicht verstehen und halten sie mit dem modernen Tierschutz unvereinbar. 

Lösung des Stadttaubenproblems

Eine sinnvolle Dezimierung der Taubenpopulation mit dem Ziel, die Lebensqualität der Stadttauben zu verbessern und einen gesunden, möglichst kleinen Bestand zu erhalten, ist in jedem Fall einer radikalen Taubenvernichtung vorzuziehen. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Bevölkerung versteht, dass Lebensqualität nicht bedeutet, Nahrung im Überfluss bereitzustellen, sondern dass sich übertriebenen Fütterung im Gegenteil für die Stadttauben negativ auswirkt. Die Folge dieses Nahrungsüberangebotes ist, wie wir wissen, eine durch den Menschen verursachte Überbevölkerung, aufgrund derer die Tauben ständig unter sozialem Stress stehen, unter Nahrungskonkurrenz und Brutplatzmangel leiden und durch Parasiten und Krankheiten geschwächt sind. Außerdem wird durch das hohe Nahrungsangebot das Brutgeschäft stimuliert, die Nachwuchsraten schnellen hoch und führen letztlich für die Nestlinge und Jungtauben zu unnötigem Leid. Ein verantwortungsvoller Tierschutz erfordert daher keinen Aufbau, sondern einen Abbau dieser Taubenüberpopulation mit dem Ziel die Akzeptanz der Bürger zu erhöhen und – wo dies nicht erreicht werden kann – zumindest die Toleranz soweit zu fördern, dass ein Leben mit Stadttauben und ihren Befürwortern als gegeben hingenommen wird. Ein Ausbau der Stadttaubenbestände steht einem verträglichen Miteinander von Taubenbefürwortern und Taubengegnern ebenso entgegen wie umstrittene Stadttaubenbekämpfungen. Nachhaltig lässt sich ein Einfrieren einer Stadttaubenpopulation auf tiefem Niveau nur über die Nahrung erreichen. Allein einer Reduzierung des Nahrungsangebotes in den Innerstädten verhindert einen permanenten Zuflug frei lebender Tauben aus den städtischen Randgebieten, wo Tauben in geringer Dichte unauffällig leben und gute bis sehr gute Nachwuchsraten erzielen. Ergänzend zur Einschränkung der Nahrungsmenge ist auch das Nistplatzangebot zu verringern, indem die entsprechenden Stellen z.b. durch Gitter und Spanndrähte unzugänglich gemacht werden. Verschiedene Städte haben kontrollierte Taubenschläge errichtet und sich entschieden mit den Stadttauben zu leben. Standort und Einrichtung dieser Schläge müssen allerdings so ausgewählt werden, das – sofern sie nicht am Problemort eingerichtet werden können  – attraktiver sind als alle von den Tauben bisher benutzten Bereiche. Andernfalls werden sie von den Tauben nicht angenommen.

(Quelle: Mit Stadttauben leben, BNL Karlsruhe, Arbeitsblätter zum Naturschutz, Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg)